Blattkritik
Unterzeile von heute: "Es ist immer so: Alle Dinge sind total einfach — für die, die sie schon können." Beim "Weser-Kurier" können sie Kolumnen nicht. Nach der Unterzeile sind wir mittendrin im Elend, das am Tage des Herren schon auf dem Fuß der Titelseite beginnt. "Schönen Sonntag" heißt die Kolumne, die uns diesmal ein feiertägliches Familienidyll näher bringt: "Lina will Kuchen backen, Gobang und Boccia spielen, Klettern, Modeschau und Universum." Leo hingegen, so unterrichtet uns Autor Sören Sieg, sei nach Schach, Monopoly, Tischtennis, Legoladen und Wildpark. Irgendwann ist die Familie dann beim Basteln vom Gipsmasken angekommen. Pointe: "Nächsten Herbst fahren wir wieder nach Amrum. Ohne basteln. In diesem Sinne: Schönen Sonntag!" Das ist weder lustig, nicht unterhaltsam, nicht originell und schlicht überflüssig. Übrigens so überflüssig wie die Phrasendrescherei im Text zum Bildaufmacher, der sich mit dem Freimarktsumzug beschäftigt, der gestern die ganze Innenstadt zur Vergnügungshölle machte: "Sonne satt und Partystimmung pur..." Am witzigsten auf der Eins ist die Überschrift "Linke will Auflösung der Nato" — da werden sie nun schlottern im Hauptquartier der Allianz.
Die nächste Heimsuchung wohnt im Vermischten und heißt "Meier mault". Bernd Meier steigt mit einem Allerweltssatz ein: "Der Tatort aus Bremen ist ja immer wieder für eine Überraschung gut." Sodann will er sich gewundert haben, dass Kommissar Stedefreund in Neuseeland ermittele. Und noch etwas später will Meier bemerkt haben, dass Darsteller Oliver Mommsen dort gar nicht für Radio Bremen unterwegs war, sondern als Mime einer Süßstoffoper des ZDF. Das ist alles derart bemüht und unlustig, dass die sonntägliche Variante von "Tach auch!" es sogar schwer haben wird, weniger lustig zu sein.
Klappt aber: In "Felix" schildert Hermann Gutmann auf 30 Zeilen, dass Felix neulich beim Bäcker verschärft unhöflich bedient worden sei. Zwei Verkäuferinnen hätten sich die ganze Zeit miteinander unterhalten. Mt der Kolumne wolle Felix um Entschuldigung bitten, dass er gestört habe.
Morgen gibt es wieder den Papierstau in der Kultur. Dann sollte alles besser werden. (jph)
Und noch eine Durchsage in eigener Sache: Der LESER-KURIER wird sich urlaubsbedingt in der kommenden Woche nicht in der gewohnten Frequenz melden. Ab Anfang November sind wir wieder täglich zur Stelle.
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